Das Offene Haus der Kulturen kommt seiner Verwirklichung ein Stück näher. Am vergangenen Donnerstag hat sich ein Kreis aus namhaften Persönlichkeiten der Frankfurter Stadtgesellschaft gebildet, die sich für die Weiternutzung des ehemaligen Studierendenhauses als Zentrum eines lebendigen zivilgesellschaftlichen Engagements einsetzen. Das Vorhaben sollte nun zügig entwickelt werden und bald schon zum ersten Baustein des seit langem geplanten Kulturcampus werden.
Der Unterstützerkreis vereint klangvolle Namen aus dem kulturellen und politischen Leben Frankfurts, darunter der Gründer des Verlags der Autoren, Karlheinz Braun, die Stadträtin Katrin von Plottnitz, der Cellist Frank Wolff, die Journalistin Ulrike Holler, der Staatsminister a.D. Rupert von Plottnitz, um nur einige zu nennen (die vollständige Liste s. unten, weitere Personen werden hinzukommen).
Der Unterstützerkreis sieht seine Aufgabe darin, in der Stadtgesellschaft für die Bedeutung des Offenen Hauses der Kulturen zu werben. So betont Martina Droste, die Leiterin des Jungen Schauspiel Frankfurt: „Für die kulturelle Weiterentwicklung Frankfurts braucht es verlässliche Orte für alle, die einerseits geschützte Räume bieten und andererseits leicht zugänglich sind, die Gestaltungsspielräume eröffnen, wo sich freie Theaterarbeit mit sozialen Initiativen und politischen Bewegungen der Stadt begegnen, kreativ streiten und vernetzen können.“
Die Initiative für die Bildung des Unterstützerkreis ging von Thomas Gebauer, dem ehemaligen Geschäftsführer von medico international aus: „Mit Stolz verweist Frankfurt auf die Tradition einer kritischen und weltoffenen Bürgerschaft. Nun ist es Zeit, diesem Engagement einen Ort zu geben, an dem Menschen sich aktiv auch mit den sozialen und kulturellen Herausforderungen einer näher zusammengerückten Welt auseinandersetzen können“, so Gebauer, der 2014 für sein Engagement mit der Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt ausgezeichnet wurde.
„Mit Stolz verweist Frankfurt auf die Tradition einer kritischen und weltoffenen Bürgerschaft. Nun ist es Zeit, diesem Engagement einen Ort zu geben, an dem Menschen sich aktiv auch mit den sozialen und kulturellen Herausforderungen einer näher zusammengerückten Welt auseinandersetzen können.“
"Als Sozialwissenschaftlerin an der Goethe Uni schätze ich das KoZ seit vielen Jahren als einen Raum, in dem sich Kunst, Kultur und verschiedenste Facetten der Theorie und Praxis von Gesellschaftskritik gegenseitig inspirieren. Die besondere emanzipatorische Kraft, die in einem solchen Austausch entsteht, ist für die Entwicklung einer so inter- und transnationalen Stadt wie Frankfurt ein echter demokratischer Glücksfall und sollte mit dem Offenen Haus unbedingt auf Dauer gestellt werden“.
Viele Mitglieder des Unterstützerkreises verweisen auf eigene biographische Bezüge zu dem Studierendenhauses: „Hier habe ich während meines Studiums viel Zeit verbracht und wichtige politische Erfahrungen sammeln können. Ich würde mich sehr freuen, wenn die politische und kulturelle Tradition dieses Hauses gewürdigt und weiterentwickelt wird", so Philipp Jacks, der Vorsitzende des DGB Frankfurt am Main.
Die Gründung des Unterstützerkreises fällt nicht zufällig in zeitliche Nähe zum Jahrestag der Eröffnung des Studierendenhauses. Dieses war am 21. Februar 1953 u.a. von Max Horkheimer, damals Rektor der Goethe-Universität, dem Bundespräsidenten Theodor Heuss und dem damaligen amerikanischen Hochkommissar John J. McCloy eingeweiht worden. Damals sprach Horkheimer vom „Geist der Demokratie“, der von dem Gebäude auf das Ganze der Gesellschaft ausstrahlen solle. Diesen Auftrag heute fortzusetzen, darin sieht das Vorstandsmitglied des Vereins „Offenes Haus der Kulturen“, Bianca Riemann, die Aufgabe: „Gerade heute braucht es Orte, die die Demokratie stärken. Es braucht Freiräume für die Auseinandersetzung mit den aktuellen Herausforderungen unserer Zeit: Klimaveränderung, wachsende Rechtsentwicklung, Rassismus."
Das große Potential des Projekts erkennt man mittlerweile bereits über Frankfurt hinaus: So wurde das Offene Haus der Kulturen kürzlich von der Wüstenrot Stiftung zu einem von 20 herausragenden „Gebauten Orten für Demokratie und Teilhabe“ in Deutschland erkoren. Es wird damit Teil einer Ausstellung, die passenderweise in der Wiege der deutschen Demokratie, der Paulskirche, stattfinden soll.
„Für eine lebendige Stadtkultur braucht es verlässliche Orte für alle, die einerseits geschützte Räume bieten und andererseits leicht zugänglich sind, die Gestaltungsspielräume eröffnen, wo sich freie Theaterarbeit mit sozialen Initiativen und politischen Bewegungen der Stadt begegnen, kreativ streiten und vernetzen können.“
Meine einzige akademische Prüfung, genannt Philosophicum, war bei Horkheimer und Adorno. Die beiden diskutierten (eigentlich mit mir), wie man dem steigenden Druck der rechten Kräfte auf das Studentenhaus und seine Einrichtungen, wie die Studentenzeitung Diskus, die Neue Bühne oder auch das Filmstudio abwehren könnte. Heute, wo sich unsere Gesellschaft durch Umweltzerstörung, Finanzkrisen, Wellen von rechtem unaufgeklärtem Terror ( NSU, Hanau . . .) und dem rasanten Schwund von Menschen-und Grundrechten ( Mittelmeer Grenze oder auch die Verfolgung von Julian Assange . . .) wieder einmal einer “Stunde Null“ gefährlich nähert, brauchen wir den Schutzraum der Demokratie mehr denn je - im Geiste meines wunderbaren damaligen Professors Max Horkheimer.“
„Dieser Ort hat mich bei vielen Gesprächen und Veranstaltungen gelehrt, dass Demokratie aus offener, freier Kommunikation nicht nur be-, sondern überhaupt erst entsteht. Es gibt keinen besseren Platz, um dieses Ideal zu verteidigen und zu leben - gerade in Zeiten, da es vielfältig bedroht ist.“
"Wenn man heute einen kulturellen Nukleus für die Öffentlichkeit erfinden wollte, könnte man es nicht besser machen als es die Gründer des alten 'Studentenhauses' bereits 1953 getan haben: ein selbstverwalteter Ort für studentisches Wohnen samt Kinderhort, ein permanentes Diskussionsforum, mit eigener Zeitung (Diskus), ein Ort für die Film- (Pupille) und Theaterkunst (Neue Bühne), sogar an religiöse Bedürfnisse wurde gedacht (Kapelle) und nicht zuletzt an die leiblichen, Essen und Trinken, zum Klönen (Koz) und zum Feste feiern, kurz: einst das Zentrum von studentischem Leben jenseits der Lehre und Forschung, sollte das denkmalgeschützte Gebäude heute zu einem Haus der Kulturen werden, das sich allen öffnet, die mitten im Streaming der digitalen Welt noch den direkten Kontakt und das Miteinander einer Kommunikation suchen, ohne die wir in eine immer stärker IT-entfremdete Zukunft steuern. Der zukünftige Kulturcampus (sollte er denn jemals entstehen) braucht diesen ebenso traditionsreichen wie zukünftig immer notwendiger werden Ort."
„Hier habe ich während meines Studiums viel Zeit verbracht und wichtige politische Erfahrungen sammeln können. Ich würde mich sehr freuen, wenn die politische und kulturelle Tradition dieses Hauses gewürdigt und weiterentwickelt wird“
„Vor allem am Ende der Sechziger Jahre habe ich das damalige Studentenhaus als Ort einer höchst lebendigen und streitbaren außerparlamentarischen Demokratie erlebt. Dabei ging es nicht zuletzt auch um die damals noch ziemlich notorische Verleugnung und Verdrängung der Massenverbrechen der Nazis durch erhebliche Teile der etablierten Politik. Heutzutage propagiert eine neue Rechte einmal mehr völkische Wahnideen und hofft auf Gelegenheiten, Kunst und Kultur unfrei machen zu können. Umso wichtiger ist ein Projekt, das in der Tradition des alten Studentenhauses auf Freiheit und Offenheit setzt.“
Imran Ayata (Autor)
Dr. Sidonia Blättler (wissenschaftliche Geschäftsführerin des IfS)
Karlheinz Braun (Regisseur, Verleger, Lektor)
Mathis Bromberger (Arzt)
Diwi Dreysse (Architekt)
Martina Droste (Leiterin Junges Schauspiel Frankfurt)
Thomas Gebauer (medico international)
Stephan Hebel (Journalist)
Ulrike Holler (Journalistin)
Philipp Jacks (DGB)
Dr. Ramona Lenz (medico international)
Dr. Wolfgang Leuschner (Psychoanalytiker)
Dr. Paula Macedo Weiß (Kulturmanagerin)
Katrin von Plottnitz (Theaterregisseurin und Stadträtin)
Rupert von Plottnitz (Staatsminister a.D.)
Malte Rauch (Filmemacher)
Prof. Dr. Uta Ruppert (Uni Frankfurt)
Frank Wolff (Cellist)