Das Studierendenhaus ist ein bedeutendes Symbol für die Demokratisierung nach der Zeit des Nationalsozialismus. Über die wechselvollen Zeiten hinweg war es ein Hort der kritischen Auseinandersetzung mit Gesellschaft und der gelebten utopischen Praxis. Als solches hat es die Frankfurter Geschichte geprägt wie wenige andere Gebäude.
Seine u.a. mit amerikanischen Geldern finanzierte Errichtung war unmittelbar mit der Erfahrung von Diktatur und Barbarei verbunden und steht symbolisch für die Rückkehr der „Frankfurter Schule“ aus dem Exil. Die nach Deutschland zurückgekehrten Wissenschaftler des Instituts für Sozialforschung um Horkheimer und Adorno waren sich bewusst, dass Demokratie nur in einer sich immer wieder neu reflektierenden Praxis bestehen könne. Und das Studierendenhaus sollte eine der materiellen Grundlagen dafür sein. In seiner Eröffnungsrede widmete Rektor Max Horkheimer den Neubau 1953 einer Jugend, die „den Geist der realen und tätigen Demokratie praktiziert.“ Dieser an Solidarität, unabhängiges Denken und das Bedürfnis nach Freiheit gekoppelte demokratische Geist bedürfe „der Übung und der Gelegenheit, des Beispiels und des Umgangs.“ Dann werde sich die Wirkung des Studierendenhauses „aufs Ganze der Universität und weiterhin erstrecken“, es werde „ihr Zentrum werden.“
In den folgenden Jahrzehnten haben Initiativen aus diesem Haus in die Stadt Frankfurt und in die Bundesrepublik hinein gewirkt: Da gab es seit den 50er Jahren den diskus, eine der fortschrittlichsten Zeitschriften des Landes, die neue bühne, die als Avantgarde-Theater wichtige neue Impulse entwickelte und die studiogalerie, in der avantgardistische Kunst gezeigt und Fluxus-Happenings stattfanden. Schon Anfang der 60er Jahre setzte man sich hier mit der deutschen Schuld auseinander und kritisierte früher als anderswo den Krieg in Vietnam. Und es gab die Studentenbewegung von 1968, u.a. mit den Protesten gegen die Notstandsgesetze und dem Tomatenwurf im Festsaal des Hauses, der für den Beginn der zweiten Frauenbewegung in Deutschland steht. In den 70er und 80er-Jahren trafen sich hier die Friedens- und die Umweltbewegung, Anfang der 2000er-Jahre war das Haus die bundesweite Schnittstelle der erfolgreichen Proteste gegen die Studiengebühren und in den 2010er Jahren das Zentrum der Blockupy-Proteste. In den letzten Jahren schließlich fanden hier u.a. die Auseinandersetzungen um ein Recht auf Stadt und um Klimagerechtigkeit ihren Raum. Nicht zuletzt wurde das Haus zu einem Ort des Ankommens für Einheimische und Menschen mit Fluchterfahrung.
Seit den ersten Tagen seiner Existenz steht das Haus für eine zeitgenössische Auseinandersetzung mit politischen, gesellschaftlichen und künstlerischen Fragen, die sich oft im Widerspruch zu den bestehenden Verhältnissen artikuliert. Wird genau dieses Haus zum Offenen Haus der Kulturen weiterentwickelt, wird eine demokratische, emanzipatorische und weltoffene Tradition fortgesetzt.